Geschichte
St. Michaelisdonn historisch
Bereits in der Jungsteinzeit, also etwa 3500 bis 1500 Jahre vor Christi Geburt, gab es die ersten Ansiedelungen im Bereich des heutigen St. Michaelisdonns. Es handelte sich dabei um Bauernsiedlungen der Indogermanen. Noch heute sind steinzeitliche Hünengräber aus dieser Zeit in der Umgebung von Hindorf, Hopen und Westdorf auf der Geest zu finden.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Umgebung des Ortes immer wieder von verschiedenen Völkern bewohnt, wie von den Wikingern oder den Sachsen, die 449 n.Chr. nach England auswanderten. Später gehörten die hier lebenden Bauern zur „Freien Bauernrepublik Dithmarschen", die am 17.2.1500 in der Schlacht von Hemmingstedt tapfer die Dänen vertrieben. 59 Jahre später wurde Dithmarschen jedoch geschlagen.
Der Name „Sankt Michaelisdonn" wurde 1611 zum ersten Mal erwähnt, denn am 8. September 1611 wurde die St.Michaelis-Kirche eingeweiht. Die hier ansässigen ländlichen Siedlungen waren vorher unter den Bezeichnungen „Rethdiek", „Rethdieker Donn" oder „Rösthusener Donn", benannt nach dem nahen Dorf Rösthusen, geläufig. Der Name „Donn" verweist auf die Sandablagerungen (Donn = Düne) vor dem Geestrand, der ehemaligen Küstenlinie. Zu St. Michaelisdonn gehörten die eigenständigen Bauernschaften Norderdonn und Süderdonn, früher auch unter den Namen „St. Michaelis-Norderdonnerwurt" und „St. Michaelis-Süderdonn" bekannt.
Am 23. Januar 1706 veranlasste der dänische König Christian V., dass an jedem Dienstag vor Pfingsten ein Holzmarkt in St. Michaelisdonn auf dem Marktplatz abgehalten werden durfte. Schon bald wurde der Holzmarkt zum wichtigsten Ereignis im Jahr, an dem viele Händler und Handwerker ihre Ware anboten. Als einer der größten Holzmärkte in Schleswig-Holstein wurde dieses Ereignis später mit einem Jahrmarkt am Wochenende davor verknüpft. Der Holzmarkt bestand bis in die 30-er Jahre des 20. Jahrhunderts, danach boten immer mehr kleinere Läden auf den Dörfern Holzwaren und andere Güter an.
1803 hatte St. Michaelisdonn 621 Einwohner. Die Bevölkerung bestand meist aus kleinen Kaufleuten, Handwerkern, Bauern und Arbeitern. Durch die zentrale Lage des Ortes im südlichen Dithmarschen wuchs St. Michaelisdonn schnell und schon 1867 wurden 1050 Einwohner gezählt.
Ein wichtiger Schritt in der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde war die Eröffnung der Marschenbahn am 1. November 1878. Nun war St. Michaelisdonn über eine Eisenbahnlinie mit Heide, Itzehoe und Hamburg verbunden. Ein Bahnhof wurde in der Feldmark der Bauernschaft Westdorf gebaut. Durch die Eisenbahn gab es einen Arbeitskräftebedarf und weitere Menschen zogen in den Ort.
Nur zwei Jahre später wurde am 27. März 1880 die Zuckerfabrik St. Michaelisdonn gegründet und die Fabrikgebäude 1881 fertiggestellt. Dies bedeutete einen weiterer Aufschwung für den Ort. Durch die Zuckerfabrik wurde St. Michaelisdonn überregional bekannt, denn sie war lange Zeit die einzige Fabrik dieser Art in Schleswig-Holstein und insgesamt die Zuckerfabrik mit der längsten Betriebszeit in ganz Deutschland. Durch die Fabrikerrichtung erfolgte dann auch der Bahnanschluss nach Marne und in die Köge, um von dort Zuckerrüben nach St. Michaelisdonn zu transportieren.
Am 14. März 1885 wurden die Bauernschaften Norderdonn und Süderdonn zur Bauernschaft St. Michaelisdonn vereint. Claus Buhmann war von 1871 bis 1885 der letzte Bauernschaftsvorsteher in Norderdonn, Peter Jacob Schwarz im gleichen Zeitraum der letzte Bauernschaftsvorsteher von Süderdonn.
1905 betrug die Einwohnerzahl 1024, 1919 schon 1220 Einwohner.
1911 begann die Fusion der Bauernschaften St. Michaelisdonn, Hindorf, Hopen und Westdorf durch die Einrichtung eines eigenen Standesamtbezirkes.
Am 1. Oktober 1935 wurden die genannten Bauernschaften zur Gemeinde St. Michaelisdonn zusammengefasst. In dem Ort lebten nun zusammen 2036 Einwohner. Der erste Bürgermeister war Heinrich Weerts aus Hopen, der bis Kriegsende 1945 im Amt blieb. Er löste Peter F. Hanßen ab, der von 1923 bis 1935 der letzte Bauernschaftsvorsteher von St. Michaelisdonn war. Am 31.Oktober 1935 wurde St. Michaelisdonn eine kirchspielsfreie Landgemeinde. Dazu wurde die Bauernschaft St. Michaelisdonn aus der Kirchspielslandgemeinde Marne und die Bauernschaften Hindorf, Hopen und Westdorf aus der Kirchspielslandgemeinde Süderhastedt ausgegliedert.
1935 erfolgte auch der Aufbau eines Segelflugplatzes auf dem Spiekerberg zur Ertüchtigung der Jugend. Einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg trafen flugbegeisterte Bürger wieder zusammen und bauten den Sportflugplatz St. Michaelisdonn-Hopen auf.
Den höchsten Stand der Einwohnerzahl erreichte St. Michaelisdonn nach 1945, als zahlreiche Heimatvertriebene durch den Zweiten Weltkrieg bis Schleswig-Holstein geflüchtet waren. 3873 Menschen lebten damals auf dem Donn; sie wurden größtenteils in den Häusern der bisherigen Einwohner mit untergebracht.
In den folgenden Jahren wanderten einige der Heimatvertriebenen in andere Bundesländer ab, andere bauten sich eigene Häuser in St. Michaelisdonn. So entstanden zwischen 1947 und 1950 die Siedlungen in der Pommernallee, auf dem Heisterberg (Heiddonn) und in der Kampstraße in Hindorf. Bis 1950 pendelte sich die Einwohnerzahl bei 3100 ein.
1966 war ein wichtiges Jahr in der Geschichte St. Michaelisdonns. Die Gemeinde wurde vom Land Schleswig-Holstein zum „ländlichen Zentralort" ernannt. Die Errichtung von wichtigen Einrichtungen wie der Realschule, der Landwirtschaftsschule, dem Schwimmbad, einer Apotheke und weiteren Einkaufmöglichkeiten sind dem vorausgegangen.
Am 1. April 1970 gründete St. Michaelisdonn gemeinsam mit den Nachbargemeinden Eddelak, Averlak und Dingen das Amt Kirchspielslandgemeinde Eddelak-St. Michaelisdonn. Hierzu wurde auch die neue Amtsverwaltung zentral in St. Michel errichtet.
In den Jahrzehnten nach dem Krieg waren vor allem die Ortsteile St. Michaelisdonn, Westdorf und Hopen immer mehr zusammengewachsen. Vor allem in den 70er Jahren und 80er Jahren wurden zwischen Westdorf und Hopen großflächige Wohngebiete errichtet. Hier bauten vor allem auch Arbeitnehmer aus dem neu errichteten Industriegebiet Brunsbüttel (12 km entfernt) ihr Eigenheim. So entstanden die Straßen rund um „Wiedhof" und „Feldrain". Anfang der 80er Jahre lebten schon mehr als 3500 Einwohner in der Gemeinde. Viele ursprüngliche ländliche Geschäfte und Betriebe verschwanden jedoch leider gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Dagegen wurde St. Michaelisdonn mehr und mehr ein attraktiver Wohn- und Urlaubsort. Die Errichtung von Neubaugebieten vollzieht sich bis heute.
1995 wurde die Zuckerfabrik St. Michaelisdonn geschlossen. Das industrielle Wahrzeichen des Ortes verschwand endgültig 2002, als die weithin sichtbaren Fabrikgebäude abgerissen wurden. Dies war ein herber Schlag für die Wirtschaft des Ortes.
Im Jahr 2004 gab es einen wichtigen Fortschritt in der touristischen Entwicklung der mittlerweile 3800 Einwohner zählenden Gemeinde St. Michaelisdonn. Die Draisinenbahn nach Marne und der Golfplatz „Am Donner Kleve" wurden eröffnet und erweitern seitdem das attraktive touristische Angebot des Ortes.
(Quellenangabe: Als unterstützende Quelle diente die Ortschronik der Gemeinde St. Michaelisdonn von Wilhelm Stock. Das umfangreiche und hoch interessante Buch von 1983 ist sehr empfehlenswert und bei der Gemeinde bzw. beim Amt erhältlich.)
Der historische Bahnhof von St.Michaelisdonn
Das hier gezeigte Foto des Bahnhofs von St. Michaelisdonn entstand in den 60-er Jahren. Zu sehen ist das damalige große Bahnhofsgebäude im kaiserlichen Baustil mit Lokschuppen (vorne) und Wasserturm (hinten). Das Foto wurde vom Donner Fotografen Gilbert aus dem Schwarzen Weg heraus in Richtung Bahnhofstraße gemacht. Die Bahnhofstraße war damals noch eine schöne Baumallee.
Die Geschichte des Bahnhofes von St. Michaelisdonn beginnt am 1.November 1878. Es war der Tag, an dem die Marschenbahn von Hamburg an die Westküste mit der Teilstrecke von Itzehoe nach Heide eröffnet wurde. Damit war auch Dithmarschen mit der Hansestadt verbunden, nachdem bereits 1857 Itzehoe einen Bahnanschluss bekam.
1878 wurden viele neue Bahnhöfe entlang der Strecke der Marschenbahn aufgebaut, so auch für den Ort St. Michaelisdonn, der seinen Bahnhof allerdings nicht auf eigenem Grund und Boden errichtet bekam. Dieser wurde nämlich auf dem Gebiet der damals noch zur Kirchspiellandgemeinde Süderhastedt gehörenden eigenständigen Bauernschaft Westdorf errichtet. Erst 1935 im Zuge der Fusion zur Gemeinde St. Michaelisdonn lag der Bahnanschluss damit zentral im Ort und entwickelte sich mehr und mehr auch zur wirtschaftlichen Ortsmitte.
In der Ortschronik der Gemeinde ist überliefert, dass der Bahnhof einen wichtigen Impuls für den wirtschaftlichen Aufstieg des Ortes gab. In der folgenden Zeit überschlugen sich die Ereignisse geradezu:
Am 15.Dezember 1884 bekam der Bahnhof Anschluss an die neue Strecke von St. Michaelisdonn über Marne nach Friedrichskoog. Diese Strecke war zunächst als Transportweg für Zuckerrüben zur Zuckerfabrik St. Michaelisdonn gedacht. Später wurde auch der Personenverkehr eingerichtet.
Nur etwa drei Jahre später war der Zugverkehr von Dithmarschen nach Hamburg nahezu vollständig beeinträchtigt. Kaiser Wilhelm II. hatte den Auftrag gegeben einen Kanal zwischen Brunsbüttelkoog und Kiel quer durch Schleswig-Holstein zu bauen. Die Bauarbeiten sollten acht Jahre dauern. Inzwischen wurde aber die Strecke der „Marschenbahn" weiter verlängert. Ende des Jahres 1887 konnte man mit dem Zug bereits bis nach Tondern (Dänemark) fahren. 1895 wurde der Kaiser-Wilhelm-Kanal (später Nord-Ostsee-Kanal) fertiggestellt. Die Bahn nahm wieder ihren normalen Betrieb auf, eine Hochbrücke bei Hochdonn führte sie über die Wasserstraße.
Am 1.Juni 1920 wurde eine weitere Streckenerweiterung eingerichtet. Nun konnte man auch Brunsbüttelkoog mit dem Zug erreichen. Die Gemeinden St. Michaelisdonn und Westdorf konzentrierten sich in den folgenden Jahren darauf, das Gebiet um den Bahnhof weiter auszubauen. Die Bahnhofstraße war danach lange Zeit die Hauptverkehrsstraße im Ort. Erwähnenswert ist auch die Beamtenstraße, in der früher nur Bahn- und Postbeamte wohnten.
1927 schließlich konnte man mit der Marschenbahn auch Sylt erreichen - der Hindenburgdamm war errichtet worden. Der Bahnhof in St. Michaelisdonn hat also einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Gemeinde gehabt, denn durch die dadurch ermöglichten Fernverbindungen florierten Handel und Gewerbe im Ort. Als im Jahre 1976 auch noch der Einzugsbereich des Bahnhofes vergrößert wurde, arbeiteten bis zu 83 Bahnbeamte in Süderdithmarschen. Doch ein Ende der "goldenen Ära" war damals bereits abzusehen.
Nach und nach wurden die Nebenstrecken nach Marne und Brunsbüttel für den Personenverkehr geschlossen. 1985 folgte dann die nächste Hiobsbotschaft: Das alte Bahnhofsgebäude musste abgerissen werden, da es in den weichen Boden absackte. Damit endete 1987/88 mit dem Abriss die Geschichte des 110-jährigen Bahnhofsgebäudes aus der Kaiserzeit.
Mit dem Abriss des Bahnhofes sowie der Stilllegung der Meierei Westdorf und dem Abriss der alten Zuckerfabrik begann in den 80er und 90er Jahren eine Zeit in St. Michaelisdonn, in der das während der Industrialisierung in der Kaiserzeit entstandene Ortsbild im Rahmen des stark verändert wurde.
Heutzutage steht an der Stelle des ehemaligen kaiserlichen Bahnhofes nur noch ein kleinerer Zweckbau. Im Bahnhof untergebracht ist unter anderem ein Kiosk mit Aufenthaltsraum. Ein großer Fortschritt war die Einrichtung des Bahnhofs-Reisebüros vor einigen Jahren. Neben dem Bahnhof befindet sich ein größerer Busbahnhof, denn die stillgelegten Bahnlinien nach Marne/Friedrichskoog und Brunsbüttel mussten durch Buslinien ersetzt werden.
Auch heute noch lassen sich Spuren des alten Knotenbahnhofes aus der Kaiserzeit erkennen:
Fährt man beispielsweise mit dem Zug nach Westerland oder Hamburg, so muss man an den Gleisen 6 oder 7 abfahren. Im Rahmen von Baumaßnahmen in den vergangenen Jahren war sogar zeitweilig das Gleis 5 für den Personenverkehr geöffnet. Noch immer verfügt der Bahnhof in St. Michaelisdonn über viele Neben- und Abstellgleise, die der Bahn zeitweilig als Rangier- und Abstellplatz für Güterzüge dienen. Früher hat der Bahnhof St. Michaelisdonn einmal bis zu 14 Gleise gehabt.
Die große Bedeutung des Bahnverkehrs für den Ort kann man mit einem Besuch bei der Marschenbahn-Draisine nach Marne erfahren. Hier besteht die Möglichkeit, die ehemalige Bahnstrecke nach Marne, die 1884 errichtet wurde, mit einer Draisine abzufahren. Außerdem gibt es am Draisinenbahnhof weitere Informationen zum St. Michler Bahnhof und viele historische Fotos.
(Als unterstützende Quelle diente die Ortschronik der Gemeinde St. Michaelisdonn von Wilhelm Stock.)
Zuckerfabrik St.Michaelisdonn (1880 - 1995)
„Die Zuckerfabrik unter Dampf" - dieses eindrucksvolle Foto der „Zuckerfabrik Süderdithmarschen" (ZSD) in St. Michaelisdonn entstand während der Kampagne im Herbst 1989. Die Zuckerfabrik St. Michaelisdonn, das industrielle Wahrzeichen des Ortes, war lange Zeit ein Symbol für Wirtschaft und Wohlstand in der Südermarsch. Sie machte den Ort weit über die Kreisgrenzen bekannt.
Im Jahre 1880 nahm die Zuckerfabrik ihren Betrieb auf, um die Zuckerrüben der umliegenden Landwirte aus Süderdithmarschen zu Zucker zu verarbeiten. Deswegen wurde auch schon bald darauf eine Bahnlinie von St. Michaelisdonn nach Marne und Friedrichskoog eingerichtet, denn so konnten die Rüben dann per Bahn in die Fabrik transportiert werden.
Durch den Bau neuer Fabrikanlagen wurde das Werksgelände stetig erweitert.) Es folgte der Bau eines Kalkofens (1938), des Kesselhauses (1951), der großen Trocknungsanlage (1952) und eines neuen Bürogebäudes (1961). Auch in den Folgejahren wurden die verwendeten Gerätschaften und Anlagen immer mehr modernisiert.
1975 wurde das dritte große Zuckersilo fertiggestellt. In drei großen Silos konnten dann insgesamt 32.000 Tonnen Zucker gelagert werden. Die Silos und auch die Schornsteine der Fabrik bildeten die schon von weitem sichtbare Silhouette.
In den besten Jahren der Zuckerfabrik St. Michaelisdonn wurden mehr als 700.000 Tonnen Zuckerrüben jährlich verarbeitet. Dies geschah in der sogenannten „Kampagne" von September bis Dezember. Nur in diesem Zeitraum im Herbst stand die Fabrik dann auch wirklich „unter Dampf". Dafür wurde rund um die Uhr gearbeitet. Mehr als 120 Personen fanden dann ihre Arbeit in der Zuckerfabrik. Die Fabrik hatte für den Ort und die nähere Region eine hohe wirtschaftliche Bedeutung, sorgte für Wertschöpfung, Arbeit, Steuereinnahmen und Ausbildungsplätze. Viele Donner Familien lebten von der Arbeit in der Zuckerfabrik. Außerhalb der Kampagne, also von Dezember bis September, wurden die Maschinen der Fabrik gewartet und der Zucker an die Lebensmittelindustrie verkauft, der in den drei großen Silos lagerte.
Die hier gezeigte Grafik stellt das Logo der „Zuckerfabrik Süderdithmarschen" (ZSD) dar, so wie es an einer Metallkonstruktion auf einem der drei großen Silos befestigt war. Dieses Firmensymbol mit Zuckerrübe (links) und Zuckerhut (rechts) leuchtete im Dunkeln. Zur Weihnachtszeit erstrahlte zudem ein Tannenbaum auf dem Kalkturm der Fabrik.
Man kann sich heute wohl nur noch schwer vorstellen, wie es in während der alljährlichen Kampagnen in St. Michaelisdonn zuging. Dann lag immer ein süßer Duft von Zucker und Rübenschnitzel in der Luft. Den weiß qualmenden Fabrikschornstein konnte man schon von weitem in Süderdithmarschen sehen.
Die Zuckerrüben wurden täglich von den Landwirten aus Dithmarschen und Schleswig-Holstein mit Traktor und Anhänger nach St. Michaelisdonn befördert. Oft war so viel los, dass die langen Schlangen der mit Rüben beladenen Traktorgespanne von der Fabrik durch die Johannßenstraße bis in den Ortskern standen. Damit stand ein erhöhtes Verkehrsaufkommen im Ort an der Tagesordnung. Später kamen auch viele LKWs mit Zuckerrüben aus Niedersachsen hinzu. Durch die Nordzucker AG, zu der die Fabrik später gehörte, wurden auch Rübenmengen aus den Kreisen Uelzen und Celle nach St. Michaelisdonn angeliefert, die dort nicht verarbeitet werden konnten. Die in der Trocknungshalle gelagerten Rübenschnitzel erhitzen sich übrigens sehr leicht, sodass die Freiwillige Feuerwehr St. Michaelisdonn alljährlich in der Zuckerfabrik zu tun hatte. Im Herbst 1991 kam es sogar zu einem Großbrand in der Fabrik.
Die Zuckerfabrik St. Michaelisdonn ist Rekordhalter:
Mit 115 Betriebsjahren (1880 bis 1995) ist sie die Zuckerfabrik in Deutschland mit der längsten Betriebszeit. Insgesamt wurden in dem Zeitraum weit über 80 Millionen Tonnen Zuckerrüben verarbeitet.
1995 gab es einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der Gemeinde St. Michaelisdonn, denn die Zuckerfabrik hatte ihre letzte Kampagne gefahren und wurde durch die Nordzucker AG geschlossen. Eine Maßnahme, die noch heute für viele ehemalige Mitarbeiter unverständlich erscheint, denn die Fabrik hatte stets schwarze Zahlen geschrieben.
Die Nordzucker AG mit Sitz in Braunschweig hatte die Zuckerfabrik St. Michaelisdonn und später auch die zweite Fabrik des Landes in Schleswig aufgegeben, weil nach der Deutschen Wiedervereinigung neue hochmoderne Fabriken in Ostdeutschland errichtet wurden. Die Rüben aus Dithmarschen werden heute von der Transportgemeinschaft St. Michaelisdonn mit mehr als 50 LKWs zur Zuckerfabrik nach Uelzen befördert.
Das hier gezeigte Luftbild der Zuckerfabrik entstand 2002 wenige Tage vor dem Abriss. Noch sieben Jahre lang hatte die Zuckerfabrik als Ruine in St. Michaelisdonn gestanden. Maschinen und Innenanlagen wurden im Laufe der Zeit ausgebaut und ins Ausland verkauft.
Am 23. Juni 2002 begann dann schließlich der Abriss der alten Fabrikgebäude. Dieser zog sich bis in den Herbst 2003 hin. In einer Fotoserie können Sie hier noch einmal den Abriss der Zuckerfabrik St. Michaelisdonn Schritt für Schritt verfolgen.
Seitdem sucht die Gemeinde neue Nutzer für ein mögliches Gewerbegebiet auf dem mehrere Hektar großen Gelände. Durch die Errichtung von Solaranlagen auf einem Teilbereich ist ein erster Schritt in Richtung „Bioenergiedorf St. Michaelisdonn" getan.
Die Zuckerfabrik während der Kampagne 1989 von der Brustwehr aus gesehen.
(Quellen: Ortschronik für St. Michaelisdonn von Wilhelm Stock; Festschrift „100 Jahre Zuckerfabrik St. Michaelisdonn" von 1980.)